Arbeitsgemeinschaft Elternbeiräte an Gymnasien im Regierungsbezirk Stuttgart

AKTUELLES

LEB entwickelt Wechselunterrichts-Modell für Schulen des Landes

In einer Pressemitteilung hat der Landeselternbeirat eine sofortige Reaktion auf die aktuelle Pandemiebedingungen für das Schulsystem im Land gefordert. Unterrichts- und Betreuungspräsenz als wertige Alternative zur Vollpräsenz und Schulschließungen müßten sofort für Baden-Württemberg beschlossen werden, um wenigstens einigermaßen mit den Folgen des Bildungsausfalls durch Corona fertig zu werden.

Im Wortlaut:

"Eltern fordern zum Schutz der Schüler*innen und Lehrkräfte ab 11. Januar endlich AHA-Regeln als Unterrichtsbasis

Alle verfügbaren Untersuchungen zeigen auch in Schulen ein erhebliches Infektionsgeschehen. Es gibt keine Gründe, an Schulen in irgendeiner Altersstufe andere Hygienemaßstäbe anzusetzen als anderswo (s. z.B. REACT-1-Studie). Gleichzeitig liegen für den Schulbetrieb seit Monaten Empfehlungen und Schlussfolgerungen des RKI vor, die vor allem „[d]ie Aufrechterhaltung eines ‚regulären‘, zuverlässigen, kontinuierlichen Unterrichtsangebots als Präsenzunterricht“, die Vermeidung von Schulschließungen und den Schutz aller Schüler*innen und Beschäftigten vor einer SARS-CoV-2-Infektion zum Ziel haben.

Zentrale Elemente dieses Konzeptes sind auch hier die AHA-Regeln sowie die bislang hinlänglich ignorierte Forderung, ab einer 7-Tages-Inzidenz von mehr 50/100.000 eine Verkleinerung der Klassen (durch Teilung oder Wechselunterricht) vorzusehen, um den Mindestabstand von 1,5 m einhalten zu können. Für die anstehende Entscheidung, wie es an den Schulen Baden-Württembergs ab 11. Januar weitergehen soll, kann aus Sicht des Landeselternbeirates (LEB) nur ein verantwortungsvoller Zwischenweg zwischen dem hehren Ziel weitestgehender Präsenzbeschulung und dem erforderlichen Beitrag der Bildungseinrichtungen zur weiteren Pandemieeindämmung beschritten werden.

Aktuell sind das Infektionsgeschehen und somit auch die Infektionszahlen kaum belastbar einzuschätzen; die Auswirkungen der Mutation sind immer noch unklar: Kein verantwortungsvoller Entscheidungsträger darf Präsenzunterricht unabhängig vom Infektionsgeschehen anordnen!

Der LEB hat ein Wechselunterrichtskonzept erarbeitet (was eigentlich Aufgabe des Kultusministeriums ist), das allen Schularten Perspektiven für sicheren Unterricht bietet und zudem allen Schüler*innen zumindest jeden zweiten Tag Präsenz in der Schule erlaubt. Berücksichtigt wird, dass die Anzahl der Lehrenden bzw. deren Auslastung kurzfristig nicht erhöht werden kann und Eltern weder finanziell noch in organisatorisch zusätzlich belastet werden.

Und ja: Der LEB hätte nach 10 Corona-Monaten landesweit qualitativ hochwertigen Fernunterricht erwartet. Da dies aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, müssen sich leider viele Schüler*innen und deren Eltern mit weniger zufriedengeben. Die nachfolgende, mit Lehrerverbänden und anderen bereits abgestimmte, Auflistung ermöglicht jeder Schule bzw. Klassenstufe systematischen Wechselunterricht: - Schulen oder Klassen, an denen alle Schüler*innen in verfügbaren Räumen unter Einhaltung von 1,5 m Abstand unterrichtet werden können, bieten ungeteilten Präsenzunterricht an. – Denkbar erscheint dies z.B. an SBBZ oder mancherorts in den Kursstufen (unter systematischer Raumzuordnung in Bezug auf die jeweilige Kursgröße). - An allen anderen Einrichtungen ist ein Wechselunterricht mit täglichem Wechsel zwischen Präsenz und (betreuter) Aufgabenerledigung verpflichtend einzurichten. Insbesondere in höheren Klassen weiterführender Schulen können jene, die nicht in Präsenz unterrichtet werden, zu Hause arbeiten; wann immer möglich, sollten sie dabei digitale Unterstützung erhalten. 

Insbesondere für Grundschulkinder ist dem LEB wichtig, auch die Aufgabenbetreuung in Präsenz und somit außerhalb des Elternhauses zu organisieren. Vorausgesetzt wird, dass für die Aufgabenbetreuung im (schulischen) Umfeld zusätzliche Räume erschlossen werden sowie neben den regulären Lehrkräften ausreichend Betreuungspersonal, d.h. Referendar*innen, pädagogische Fachkräfte, Erzieher*innen etc. eingestellt werden. Dieser Baustein ist ganz bewusst nicht als Notbetreuung zu verstehen, sondern für alle Schüler*innen gedacht, bei denen die Eltern nicht ausdrücklich eine eigene Betreuung ermöglichen wollen.

Für alle Wechselunterrichtsmodelle gilt: Wenn die Räumlichkeiten es nicht zulassen, eine Klassenhälfte gemeinsam zu unterrichten, muss bspw. durch Plexiglasabtrennungen zwischen den Plätzen oder Lüftungssysteme gewährleistet werden, dass alle Schüler*innen mindestens jeden zweiten Tag Präsenzunterricht erhalten. Für die jeweils präsente A- oder B-Gruppe gilt weiterhin der reguläre Stundenplan. Da die Betreuungspräsenz nicht auf dem Stundenplan basiert, können deren Zeiten von den Präsenzunterrichtszeiten entkoppelt werden, um die Schülerbeförderung zeitlich und räumlich zu entzerren.

Der LEB sieht für die Wechselpräsenz nachfolgende entscheidende Vorteile: Sie erfordert keinen digitalen Fernunterricht. Damit beeinträchtigt sie die Bildungsgerechtigkeit weit weniger als Fernunterricht, da sie unabhängig von der Kluft zwischen bildungsnahen und bildungsfernen Familien bzw. technisch gut und weniger gut ausgestatteten Haushalten und Schulen funktioniert. Sie ermöglicht allen Eltern, weiterhin ihren beruflichen Verpflichtungen nachzukommen und entlastet sie dabei finanziell und sozial, zumal von Eltern in der Erziehungspartnerschaft NICHT die Aufgabenbewältigung der Lehrenden erwartet werden kann: Eltern sind weder Nachhilfelehrkräfte noch verlängerter Arm der Schulen. Auch hier muss deutlich auf die Bildungsgerechtigkeit hingewiesen werden!

Insbesondere in Mehr-Kind-Familien kann nicht vorausgesetzt werden, dass allen Kindern halb- oder gar ganztags ein ruhiger und angemessener Lernplatz zur Verfügung steht. Sie verursacht für Schulen und Lehrkräfte relativ wenig organisatorische Mehrarbeit, da die vorhandenen Stundenpläne genutzt werden können. Sie ist pädagogisch relativ effektiv, da die Schüler*innen nicht gezwungen sind, eine ganze Woche am Stück selbstständig zu arbeiten, sondern in kurzen Abständen im Präsenzunterricht pädagogischdidaktische Unterstützung durch ihre Lehrkräfte erhalten. Das Infektionsrisiko auf dem Schulweg reduziert sich deutlich, da Präsenzunterricht und betreute Arbeitszeit zeitlich versetzt beginnen können, wodurch sich die Schülerzahlen im ÖPNV während der Stoßzeiten halbieren.

Unabhängig davon, welches Wechselunterrichtskonzept eine Schule umsetzt: Der LEB erwartet, dass auch die Kultusverwaltung und die Schulträger kurzfristig durch Personalmittel und Bereitstellung von Räumen zur Umsetzung beitragen. Schließlich ist bis zum 11. Januar noch eine ganze Woche Zeit – und die Verantwortlichen hatten schon bereits 300 Tage Zeit zum Planen – seit der 1. Schulschließung! Der Landeselternbeirat setzt in dieser Pressemitteilung bewusst darauf, den Bildungsauftrag trotz Pandemie möglichst gut zu erfüllen. Nichtsdestotrotz bleiben für die kommenden Wochen und Monate wichtige Aufgaben: Bislang fehlt es an Perspektiven für den fachpraktischen Unterricht beruflicher Schulen bzw. Praktika an weiterführenden Schulen. Ferner sind Abschlussprüfungen und Planungen von Anschlüssen in Ausbildung und Studium bundesweit so anzugleichen, dass dieser Jahrgang langfristig nicht abgestempelt wird, sondern faire Chancen behält.

Für den 19. Landeselternbeirat

Michael Mittelstaedt"