Arbeitsgemeinschaft Elternbeiräte an Gymnasien im Regierungsbezirk Stuttgart

AKTUELLES

ARGE-Mitgliederversammlung am 7.November - Schuljahresbeginn unter Corona-Bedingungen

An alle Mitglieder

der ARGE Stuttgart

Rundschreiben vom 23.September 2020

Liebe Mitglieder der ARGE Stuttgart,

herzlich willkommen im neuen Schuljahr – das leider so anfängt, wie das alte endete: Mit Schule unter Pandemiebedingungen. Die aktuellen Details und die langfristig drohenden Folgen sind Teil dieses Rundbriefes.

Zunächst aber erst einmal eine notwendige Formalie: Unsere bereits zwei Mal verschobene Mitgliederversammlung soll

am Samstag, den 7.November ab 10.00 Uhr in der Feuersee-Mensa in Ludwigsburg stattfinden. Die Tagesordnung geht Ihnen eine Woche vor der Versammlung zu. Eine Präsenzveranstaltung ist vor allem auch wegen der anstehenden Wahlen zum ARGE-Vorstand erforderlich. Corona-bedingt können nur Elternvertreter teilnehmen, die vorher ihr Kommen schriftlich angemeldet haben. In Abstimmung mit der Stadt Ludwigsburg setzen wir das dann gültige Hygienekonzept um. Wir wollen niemand der Elternvertreter einer Ansteckungsgefahr aussetzen. Versprochen!

Eine der in diesem Zusammenhang und mit Bezug auf das aktuelle Geschehen in den letzten beiden Wochen häufig gestellte Frage: Wie steht es mit den Klassenpflegschaftsabenden und der Sitzung des Elternbeirats in Pandemie-Zeiten.

Die Elternstiftung Baden-Württemberg hat dazu ein Online-Seminar veranstaltet, das im Wesentlichen unsere Haltung bestätigt hat:

( Details zum Seminar finden Sie hier)

- Sie können die Amtszeit sowohl des Elternbeirats als auch der Elternvertreter unter den besonderen aktuellen Bedingungen per Online-Beschluss oder per Videokonferenz verlängern. Die Handhabe dazu gibt Ihnen die Corona-Verordnung des Kultusministeriums. In der Corona-Verordnung Schule, wird in § 4 festgelegt, dass für Schulveranstaltungen einschließlich Klassenpflegschaftssitzungen (Elternabende), Elternbeiratssitzungen und andere Schulveranstaltungen die §§ 2, 9 und 10 der allgemeinen Corona-Verordnung des Landes gilt. Dort ist unter anderem die Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern (§ 2) sowie die Erstellung eines Hygienekonzeptes (§ 9) vorgeschrieben.

Wenn Sie sich gegen eine Präsenzveranstaltung oder eine Verlängerung der Amtszeit entscheiden, haben Sie u.U. das Problem, dass Elternvertreter im neuen Schuljahr nicht mehr für ein Amt zur Verfügung stehen und Neuwahlen stattfinden müssen. Da reicht es dann, wenn ein einziger Elternvertreter eine geheime Wahl beantragt. Die können sie nur mit einem erheblichen Aufwand und zusätzlichem technischen Aufwand online durchführen. Ansonsten müssen Sie dann doch eine Präsenzveranstaltung durchführen. Besser ist es, wenn Sie mit Ihrer Schulleitung besprechen, wie Sie die Elternversammlungen Corona-gerecht durchführen können.

- Verteilen Sie beispielsweise die Klassenpflegschaftsabenden auf jeweils eine Klassenstufe und nutzen Sie nur die großen Räume an der Schule, um die zu erwartende Teilnahme mit den geforderten Abstandsregeln einhalten zu können. Erarbeiten Sie in Ihrer Schule – soweit nicht ohnehin schon vorhanden – einen Wege-Plan auch für die Eltern für die jeweiligen Klassen, staffeln Sie ggfls. die Anfangszeiten und organisieren Sie die ebenfalls fällige Elternbeiratssitzung im größten Raum an der Schule.

- Sollten Sie keine Wahlen durchführen müssen und wollen eine Online-Sitzung als Videokonferenz durchführen, finden Sie hier zusammengefasst ein paar Ratschläge aus dem Seminar der Elternstiftung. Eine der wichtigsten Informationen aus unserer Sicht: Die Online-Form der Elternbeiratssitzungen oder der Klassenpflegschaftsabenden wird vermutlich völlig neue Eltern zur Teilnahme bringen – und andere außen vor lassen. Zu vermuten ist, dass sich die Online-Zusammensetzung und -diskussion in den entsprechenden Foren erheblich von den Präsenzveranstaltungen unterscheidet.

- Die Pandemie hat gezeigt, dass es extrem notwendig ist, mit Eltern schnell und online in Kontakt kommen zu können. Sorgen Sie also datenschutzgerecht für eine komplette Email-Liste, die von den Elternvertretern für die jeweiligen Klassenstufen treuhänderisch verwahrt wird. Der Elternbeirat hat wiederum die Adressen und Kontaktdaten der Elternvertreter zu bewahren. Auf diese Weise hat niemand direkt Zugriff auf alle Daten der Eltern an Ihrer Schule. Dass jede Zustimmung für das Aufbewahren der persönlichen Daten jederzeit widerrufen werden kann, versteht sich von selbst.

Womit wir über die technischen Details der Elternvertretungen bei den Pandemie-bedingten generellen Problemen angekommen sind:

Zu Schuljahresbeginn gab es erhebliche Diskussionen und Verwirrungen durch unterschiedliche Vorschriften und Empfehlungen zum Thema Maskentragen im Unterricht. Insbesondere irritierend war natürlich, wenn in den vollen Schulbussen, auf dem Schulweg und beim Warten bis zur Öffnung der Schultore die Schüler*innen fröhlich beisammen standen – um dann auf dem Schulgelände Masken-bewaffnet und Wegeplan-konform für einige Zeit den Abstandsregeln zu entsprechen – und dann nach Schulende: Zurück zum Anfang…

Dieses Verhalten ist nicht im Sinne von irgendjemandem, der hofft, dass ein zweiter Lockdown an den Schulen verhindert wird. Das durchgehende Maskentragen in der Schule darf nicht angeordnet, sondern lediglich empfohlen werden. An den meisten Schulen ist es den Lehrer*innen „situationsbedingt“ überlassen, ob sie diese Vorsichtsmaßnahme dringend empfehlen oder darauf verzichten. Die beste Lösung ist natürlich die, bei der die Schüler*innen freiwillig dort auf Abstand und Maskentragen setzen, wo dies zumutbar ist. Es muss uns allen gemeinsam gelingen, die Pandemie so in den Griff zu bekommen, dass eine flächendeckende Schließung der Schulen verhindert wird. Und dies unter der sich anbahnenden Verschärfung der Situation durch Herbstwetter und Erkältungs- und Grippe-Krankheiten! Allgemeinen Online-Unterricht kann sich ernsthaft niemand wünschen. Darauf sind wir auch jetzt – nach einem halben Jahre Corona-Bedingung für den Unterricht - nur völlig unzureichend vorbereitet.

Immerhin: Ende des Schuljahres wurden verbindliche Standards für den Online-Unterricht durch das Kultusministerium für alle Schulen festgelegt. Sie finden diese Standards zur Überprüfung hier.

Mehr digitale Endgeräte sind schon an den Schulen angekommen oder werden es bald. Eine Fortbildungsinitiative für die Pädagogen ist ebenfalls angekündigt – und wird so nach und nach auch dem letzten im Unterricht Beschäftigten deutlich machen, dass Fernunterricht nicht das Verschicken von Aufgaben per Internet oder Post bedeutet.

Die Millionen-Summen aus dem Digitalpakt des Bundes sind immer noch nicht vollständig an den Schulen angekommen. Da tut sich eine neue Front auf, die eine komplett andere Seite der Corona-Folgen aufschlägt. Die Wogen über die gescheiterte digitale Lernplattform Ella sind noch nicht geglättet, personelle Folgen hatte der Millionen-teure Flop überhaupt keine, da schickt sich das Kultusministerium an, Tatkraft und Entschlussfreudigkeit in Rekordzeit zu beweisen: Die Ausschreibung für die neue digitale Lernplattform an allen Schulen im Land ist beendet, sie war eindeutig auf einen Anbieter ausgerichtet und der heißt – ausgerechnet - Microsoft mit seiner Cloud-Lösung MS 365. Aus lauter Furcht, es könne bei einer landesweit und für alle Schulen eingeführten digitalen Lernplattform erneut schief gehen, setzt das Kultusministerium auf eine Lösung, bei der der Anbieter seine Server – und damit alle in der Cloud gesammelten Daten in den USA stehen hat. Was mit diesen Daten gegebenenfalls geschieht, ob sie kommerziell oder zu politischen Zwecken genutzt werden, entzieht sich sowohl der Kontrolle der Nutzer als auch des Ministeriums. Die Server in den USA und die Nutzung der Daten entziehen sich selbstverständlich der deutschen oder europäischen Gerichtsbarkeit. Den Informationen zufolge aus dem Ministerium gibt es derzeit „intensive Verhandlungen der ministeriellen Projektgruppe mit Microsoft“ über einen Datenschutz, der deutschen oder europäischen Regeln unterliegt. Diesen Datenschutz kann es nicht geben, denn die abgeflossenen Daten unterliegen eben im Streitfall US-amerikanischer Rechtsprechung und den dort geltenden Richtlinien.

Die Entscheidung über MS 365 ist angeblich noch gar nicht gefallen, so die Ministerin bei der angeblich schlecht recherchierten Vergabe des bestimmt nicht begehrten „BigBrother Award 2020“ in der Kategorie „Digitalisierung“. https://bigbrotherawards.de/2020/digitalisierung-bildungsministerin-baden-wuerttemberg-susanne-eisenmann

Wenn die Entscheidung tatsächlich noch nicht gefallen wäre, verwundert es natürlich, dass es derartige „intensive Verhandlungen“ über den Datenschutz bei Microsoft gibt und dass es bereits Schulträger im Land gibt, die bereits MS 365 eingeführt haben oder kurz davor sind, es zu tun.

Auf einer gemeinsamen Landespressekonferenz des LEB, aller Arbeitsgemeinschaften gymnasialer Elternvertreter im Land (ARGEn) und des Philologenverbandes wurde – leider erstmalig – auf diese Problematik einer zwar bequemen und schnellen, aber höchst gefährlichen Lösung für eine gemeinsame digitale Lernplattform für die Schulen des Landes verwiesen. Sobald diese veröffentlicht ist, finden Sie sie hier zum Nachlesen. Der Philologenverband hat bereits ein Positionspapier beschlossen, das grundsätzliche Forderungen an die digitalen Lernplattformen im Land stellt. (Das Positionspapier finden Sie hier.)

Einen - vielleicht den wesentlichsten - Gedanken dazu möchten wir vorab schon in die Diskussion werfen:

Will man wirklich eine Lösung für alle  Schulen des Landes einführen,

- bei der die Daten ALLER Schüler von der ersten bis zur letzten Klasse außerhalb europäischer oder deutscher Rechtsprechung abgespeichert sind,

- auf deren Datenfluss oder Abfluss z.B. zu kommerziellen Nutzern wie Online-Verkaufsplattformen niemand in Baden-Württemberg nach dem Abspeichern im Ausland eine Kontrolle haben wird,

- die von ausländischen, in diesem Fall US-amerikanischen Behörden, zur Profil-Erstellung z.B. bei Arbeitsvisen oder US-Stipendien herangezogen werden können?

Und will dies eine Landesregierung tatsächlich zulassen, obwohl es Alternativkonzepte gibt, die z.B.durch Bundesmittel – und dadurch indirekt auch durch den Steuerzahler im Land – entwickelt, gefördert und auch schon in Betrieb genommen wurden? https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/themen/medienbildung/schulorganisation/pilotierung-schul-cloud-brandenburg. Für Thüringen wurde eine landesspezifische und Datenschutz-konforme Lösung ebenfalls schnell gefunden. https://mailbox.org/de/pressemitteilung-bildungsministerium-thueringen.

Die ARGE Stuttgart fordert ebenso wie der Landeselternbeirat und der Philologenverband

- Softwareanwendungen und digitale Lernplattformen für Unterrichtszwecke, die den Datenschutz und den Schutz der Persönlichkeitsrechte von Schüler*innen und Lehrer*innen nach europäischem Recht garantieren.

- Es ist nicht Aufgabe der Schulen, Schüler*innen in der Nutzung von Produkten eines bestimmten kommerziellen Anbieters zu schulen, sondern dafür zu sorgen, dass die Schüler*innen die Kompetenz bekommen, die Nutzung beliebiger digitaler Anwendungen beurteilen zu können.

Wir werden bis zum 7.November sicher die weitere Entwicklung verfolgen können und dann in Ludwigsburg darüber diskutieren können. Sollte bis dahin in Ihrer Stadt und an Ihrer Schule die Information ankommen, die MSNPro-Office 365-Lösung einführen zu wollen, dann lesen sie ruhig einmal die Datenschutzerklärung durch, die Sie unterschreiben sollen. Und denken Sie darüber nach, ob es so schick ist, dass ihre Kinder – wie Sie selbst ja auch - von Verkaufsplattformen mit profilgerechter Werbung und auf Sie zugeschnittene Produkt-Angebote eingedeckt zu werden.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme an der Mitgliederversammlung in Ludwigsburg – und bleiben Sie gesund!!!

Michael Mattig-Gerlach, Ines Müller-Vogt

für den Vorstand der ARGE Stuttgart